Hundegspür - Spazierengehen in Gesellschaft

Begegnungen mit Hundegspür

Wer träumt nicht von entspannten Spaziergängen an lockerer Leine
mit seinem vierbeinigen besten Freund?

Nicht nur gemeinsam durch dick und dünn zu gehen, sondern auch alle Begegnungen mit Mensch, Hund & Co souverän und locker zu meistern. Die Realität sieht oft anders aus, Gezerre auf beiden Seiten der Leine, beispielsweise wird
  • der Nachbarshund (der eh nie was tut) wuffend ausgeschimpft und erfolgreich vertrieben,
  • der Lieblingsnachbar gleich vorfreudig angesprungen und mit einem Schulterklopfer vom Hund begrüßt,
  • bei Sichtung des potentiellen Hundekumpels wird hingezogen und der Mensch bellend aufgefordert sich doch schneller zu bewegen,
  • oder starr sitzend wird abgewartet bis der andere Hund auf gleicher Höhe ist, um dann loszuspringen.

Die Ursachen für dieses „Fehlverhalten“ könnten vielfältiger nicht sein (genauso wie die Lösungsansätze). Hat der Hund (noch) nicht gelernt, dass nicht jeder Hund ein Spielpartner ist und man auch an anderen Hunden vorbeigehen kann, oder hat der eigene Hund bereits unangenehme Erfahrungen mit anderen Artgenossen gemacht? Freut er sich genauso wie der Lieblingsnachbar überschwänglich über das Aufeinandertreffen und haben sich beide vielleicht schon dieses „freudige Übereinanderherfallen“ angewöhnt.

Zeigt der Hund „Fehlverhalten“ folgt auch bald unangenehmes Gefühl und Angespanntheit beim Menschen. Bei möglichen Begegnungen dreht sich der Magen um, die Schweißperlen stehen auf der Stirn und die Leine wird verkrampft so kurz wie möglich ums Handgelenk gewickelt. Ein Teufelskreis beginnt…

Genauso vielfältig wie die Art und die Ursache des Fehlverhaltens sind auch die möglichen Lösungsansätze, welche nach erfolgter Ursachenforschung individuell an das jeweilige Mensch-Hund Team angepasst werden müssen. Fakt ist, ein kompetenter und positiv arbeitender Trainer kann helfen die Vorstellung von Mensch und Hund wie Begegnungen ablaufen sollten wieder auf einen Nenner zu bringen.

Hundegspür - Entspanntes Aufeinandertreffen

Können Sie Ihren Hund lesen?  

Hunde kommunizieren schon lange vor dem eigentlichen Fehlverhalten wenn sie sich beispielsweise mit einer Situation oder einer Begegnung nicht wohl fühlen und zeigen sogenannte Beschwichtigungssignale. Es lohnt sich also für den Menschen am Ende der Leine sehr, sich näher mit Beschwichtigungssignalen auseinanderzusetzen, um  im Interesse der entspannten Begegnungen und der Konfliktvermeidung seinen eigenen Hund, aber auch den entgegenkommenden Hund richtig lesen und einschätzen zu können.

Was sind Beschwichtigungssignale?

Beschwichtigungssignale sind Kommunikationsignale, welche der Vermeidung und Entschärfung von Konfliktsituationen dienen. Sie können sowohl gegenüber anderen Hunden, als auch gegenüber Menschen oder Objekten gezeigt werden.

Wie können diese aussehen?

  • Am Boden schnüffeln
  • Das Tempo verringern, Bogerl gehen/ausweichen
  • Den Kopf absenken oder abwenden/zur Seite drehen
  • Züngeln, über die Nase schlecken
  • Blinzeln oder Augen zusammenkneifen
  • Eine Pfote heben oder pinkeln, uvm.

DVD und Buchtipp: Turid Rugaas – Calming Signals – Die Beschwichtigungssignale der Hunde

Wer Beschwichtigungssignale erkennt, kann seinen eigenen aber auch den entgegenkommenden Hund lesen und rechtzeitig entsprechend agieren, noch bevor es zu einem lautstarken Konflikt kommt.

Leider werden die vorgenannten leisen Beschwichtigungssversuche der Hunde häufig von Menschen nicht erkannt und den Hunden kein Raum für eine höfliche Begegnung zB durch einen Bogen gehen, eingeräumt, bleibt keine andere Möglichkeit mehr als dem Gegenüber lautstark zu signalisieren, dass zB hier nicht genug Platz für beide ist.

Reagiert der Mensch dann auch noch mit Bestrafung wird die Begegnung noch unangenehmer für den Hund. Was der Hund dabei lernt (und Lernen – positiv wie negativ findet IMMER statt) ist verheerend. Bei der nächsten Begegnungssituation, die der Hund nun als unangenehm abgespeichert hat, wird der Hund möglicherweise noch früher oder noch heftiger reagieren. Je nach Hundepersönlichkeit mag es vorkommen, dass eine Bestrafung „dämpfend wirkt“ und der Hund sich nicht mehr traut ein bestimmtes Verhalten zu zeigen. Was bleibt ist aber das unangenehme Gefühl, der Hund hat nicht gelernt entspannt mit Begegnungen umzugehen. Man kann also diese dämpfende Wirkung durchaus mit einem Druckkochtopf vergleichen, eine zeitlang bleibt der Deckel zu, wird aber der Druck zu groß fliegt einem der Topf samt Deckel bald um die Ohren.

Dieser Weg führt häufig in eine handfeste Leinenaggression und ebenso häufig wird vom Hund auch kein Unterschied mehr gemacht ob Begegnungen mit oder ohne Leine stattfinden. Das Verhalten generalisiert sich. Vielleicht reagiert unser Hund anfangs nur auf einen bestimmten Hund, oder auf einen bestimmten Hundetyp. Schon bald wird unser Hund alle anderen Hunde blöd finden, in der Folge auch auf Menschen reagieren (die könnten ja einen Hund dabei haben)

Der Hund, der beste Freund des Menschen – ich bin sicher wir sind uns einig, dass ebendieser beste Freund, unser Herz auf vier Pfoten, sich ein faires und positives Training verdient hat und entspannt lernen darf wie Begegnungen und/oder Konflikte gelöst werden können.

Welche Konfliktlösungsstrategien haben unsere Hunde eigentlich?

Unsere Hunde haben (genauso wie auch wir Menschen) 4 Konfliktlösungsmöglichkeiten (die 4Fs):

  • Freeze (Einfrieren) – der Hund erstarrt, zeigt keine Reaktion. Dies wird oft von Menschen nicht als solches erkannt.
  • Flirt/Fiddle about (Überspielen, herumalbern, Übersprungshandlungen) – häufig im Freilauf zu sehen – Hunde treffen erstmals aufeinander und spielen gleich drauf los. Manchmal geht’s gut, manchmal kippt ein Hund dann aber in eine der anderen Konfliktlösungsstrategien
  • Flight (Flucht) – dem Konflikt aus dem Weg gehen – meist aufgrund der Leine nicht möglich
  • Fight (Drohen/Angriff/Kampf) – Der Hund geht nach vorne zB bellend, knurrend, Zähne zeigend.

Wer sich an dieser Stelle denkt: „Klasse, mein Hund wählt eine friedliche Konfliktlösungsstrategie und überspielt oder friert ein“ und dies für ungefährlich hält, der irrt sich gewaltig. Hunde können nämlich bei erfolglosem Einsatz der von Ihnen gewählten Strategie blitzschnell auf eine andere Strategie wechseln und nicht selten folgt somit aufs Einfrieren oder Überspielen ein handfester Angriff.

Kann das Ablenken mit Leckerlis helfen?

Jain, ist der entgegenkommende Hund plötzlich um die Ecke gebogen und viel zu nahe und habe ich keine andere Möglichkeit mehr zu agieren und meinen Hund anzuleiten, kann eine Hand voll Kekse zur Ablenkung der ruhigere Lösungsweg sein – dies ist allerdings eine Managementmaßnahme und definitiv KEIN Training. Mit Ablenkung wird unser Hund weder lernen mit Begegnungen umzugehen und ein besseres Gefühl zu bekommen, noch lernt unser Hund was er in dieser Situation eigentlich tun soll.

Begegnungen mit Hundegspür – So funktioniert effektives Begegnungstraining

Was können wir also tun um gar nicht erst in die Begegnungsfalle zu tappen? Kann ich als Mensch meinen Hund lesen und die vorgenannten Beschwichtigungssignale rechtzeitig erkennen, habe ich als Hundeführer auch die Möglichkeit meinem Hund rechtzeitig ausreichend Raum zu geben und ihn durch die Begegnung zu führen.

Rechtzeitig agieren, statt reagieren!

Heißt dem Hund zu zeigen wies richtig geht, ihn nicht in den Fehler laufen zu lassen, sondern dort anzusetzen und zu belohnen wo er noch alles richtig macht.

Zielführendes Begegnungstraining ist so zu gestalten, dass Hund und Mensch diese Begegnung auch erfolgreich und zur beidseitigen Zufriedenheit meistern können.

Eine Kommunikationsbasis wird geschaffen. Mensch und Hund erlernen klar und verständlich miteinander zu kommunizieren. Das neue, richtige Verhalten wird eingeübt und dann in eine Begegnungssituation integriert.

Ist anfangs der Gehsteig noch zu schmal, sucht man sich geeignetere Orte für das Begegnungstraining, zB eine breitere Straße, die andere Straßenseite, eine Wiese mit ausreichend Ausweichmöglichkeit usw. Erst gilt es die Distanz zu finden in welcher der Hund den anderen Hund zwar wahrnimmt, aber noch in der Lage ist ein zuvor definiertes und ohne Hundeablenkung eingeübtes Verhalten (zB das Gehen an lockerer Leine oder das ruhige Beobachten des vorbeigehenden Hundes) auszuführen.

Hunde wählen bevorzugt jenes Verhalten, welches sich aus Sicht des Hundes lohnt und zeigen dieses in der Folge immer häufiger. Wer schon mal beobachtet hat wie häufig und schnell sich Hunde beim Vorzeigen eines Leckerchens hinsetzen – wird mir zustimmen, dass sich bei einem „Sitz“ offensichtlich um ein seeeeeehr lohnenswertes und erfolgsversprechendes Verhalten handelt und dieses auch von Hunden gerne und unaufgefordert gezeigt wird – weil es eben so erfolgsversprechend ist.

Schauen wir nochmal zurück auf „Tobi TutNix“ den Nachbarshund, der von unserem Hund, der bereits unangenehme Erfahrungen mit anderen Hunden gemacht hat, verbellt wird und daraufhin von seinem Menschen aus der Schusslinie gebracht wird. Aus Hundesicht ist dieses Verbellen absolut erfolgreich verlaufen – der andere Hund wurde erfolgreich vertrieben und entfernt – Was hat unser Hund also in diesem Szenario gelernt? Nächstes Mal bell‘ ich gleich noch früher oder lauter, dann wird der andere Hund auch früher weggehen.

Genauso erfolgsversprechend kann das Abwenden oder im Bogen vorbeigehen, Sitzen und Zuschauen während Begegnung mit anderen Hunden, Menschen, Radfahrern und Co positiv aufgebaut werden. Indem Distanzen richtig eingeschätzt und gewählt werden und eben dieses gewünschte Verhalten belohnt wird.

Hundegspür - Entspannt auch bei Ablenkungen

Wie kann ich meinen Hund belohnen?

Belohnung kann alles sein, was der Hund in diesem Moment braucht.

Sehr praktisch einsetzbar sind Futterbelohnungen (zB Wurst oder Käse, Futtertube usw) Klar, kann auch Trockenfutter als Belohnung eingesetzt werden, umso schwieriger die Übung jedoch ist umso hochwertiger darf die Futterbelohnung auch gewählt werden, insbesondere bei emotionsgeladenem Begegnungstraining.

Ebenfalls hochwirksam sind Umweltbelohnungen zB Schnüffeln, Wasser trinken, wälzen oder auch etwas beobachten. Hierunter fällt auch eine der meiner Meinung nach wichtigsten Belohnung im Begegnungstraining, das Weggehen und Abwenden vom Auslösereiz.

Grundsätzlich sind auch Spielbelohnungen möglich zB ein Suchspiel und das anschließende Tragen eines gefundenen Futterbeutels. Wurf- oder Zerrspiele eignen sich aufgrund des ohnehin oft hohen Erregungspegels eher weniger, können aber grundsätzlich auch im Begegnungstraining eingesetzt werden um zB hohe Erregung zu kanalisieren

Im Zweifel gilt: Lieber in größerem Abstand einmal mehr belohnt und entspannt begegnet, als zu viel verlangt und ausgelöst.

Die Begegnung wird ritualisiert, läuft also immer gleich ab, Mensch und Hund werden immer selbstsicherer und wissen ganz genau was zu tun ist. So kann nach und nach die Distanz reduziert und unterschiedliche Variationen zB direktes Aufeinander zugehen, aneinander vorbeigehen oder laufen eintrainiert werden.

Fazit: Richtiges Verhalten erkennen, üben und belohnen, dann klappts auch mit der entspannten Begegnung.